In Österreich gilt man nach dem Tod automatisch als Organspender, wenn man nicht zu Lebzeiten widerspricht. Eine neue Studie zeigt, dass diese „Opt-out“-Regelung nicht automatisch die Zahl der Organe für Transplantationen erhöht.
Studie zur Organspende: Auswirkungen der Widerspruchsregelung in Österreich
In Österreich gilt die Regelung, dass Personen nach ihrem Tod automatisch als Organspender betrachtet werden, sofern sie zu Lebzeiten nicht widersprochen haben. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass diese „Opt-out“-Regelung nicht unbedingt zu einer Erhöhung der verfügbaren Organe für Transplantationen führt.
Ergebnisse der Studie
Forschende um Pascal Güntürkün von der Wirtschaftsuniversität Wien haben in der Fachzeitschrift „Pnas Nexus“ untersucht, welche Auswirkungen der Wechsel von der Zustimmungslösung zur Widerspruchslösung in verschiedenen Ländern hatte. Die Studie betrachtet Daten der letzten 20 bis 25 Jahre und analysiert die Entwicklung der postmortalen und lebenden Organspender.
Die Widerspruchslösung soll die Zahl der postmortalen Spender erhöhen, da jeder automatisch als Spender gilt. Güntürkün stellt fest: „In Österreich betrifft das 99,5 Prozent der Menschen.“ Trotz dieser hohen Zahl ist die Realität jedoch komplexer.
Nach der Einführung der „Opt-out“-Lösung wurde ein Rückgang der Lebendspenden um durchschnittlich 29 Prozent festgestellt, während die postmortalen Spenden lediglich um sieben Prozent zunahmen. Dies lässt sich durch medizinische und psychologische Faktoren erklären. „Nur weil 99 Prozent der Menschen potenziell infrage kommen, heißt das nicht, dass sie auch als Organspender geeignet sind. Da gibt es strenge medizinische Kriterien“, so der Forscher.
Zusätzlich wird in vielen Ländern, selbst bei der „Opt-out“-Regelung, die Familie des Verstorbenen befragt, was die Entnahme von Organen ebenfalls verhindern kann.
Verdrängungseffekt und Bereitschaft zur Lebendspende
Eine Umfrage mit über 5.000 Befragten bestätigte den sogenannten Verdrängungseffekt. Es zeigt sich, dass durch die Umstellung der Eindruck entsteht, ausreichend Organe zur Verfügung zu haben, was die Bereitschaft zur Lebendspende verringert. Bei engsten Familienangehörigen scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein. „Ob ich meinem Sohn oder meiner Tochter eine Niere spende, ist unabhängig von der geltenden Regelung“, erklärt Güntürkün. In diesen Fällen besteht praktisch immer eine hohe Bereitschaft zur Spende. Die Situation ändert sich jedoch, wenn es um Cousins, Bekannte oder Freunde geht.
Empfehlungen für begleitende Maßnahmen
Güntürkün hält die Opt-out-Regelung für sinnvoll, empfiehlt jedoch, begleitende Maßnahmen zu ergreifen, um die negativen Nebeneffekte abzumildern. „Wenn man die Wirkung dieser Umstellung zu rosig malt, könnte die Zahl der Lebendspenden möglicherweise sinken“, warnt der Experte.
Im Gegensatz zu Deutschland, wo eine aktive Zustimmung zur Organspende erforderlich ist, gilt in Österreich das „Opt-out“-Prinzip. Im vergangenen Jahr wurden in Österreich 579 Transplantationen mit Organen Verstorbener durchgeführt, während 58 transplantierte Organe von Lebendspendern stammten. Zum Ende des Jahres 2024 waren 66.192 Personen im Widerspruchsregister eingetragen.
Die Ergebnisse dieser Studie werfen wichtige Fragen zur Effektivität der Widerspruchsregelung auf und zeigen, dass eine umfassende Betrachtung der Organspendesituation notwendig ist, um sowohl die Zahl der postmortalen als auch der lebenden Spenden zu optimieren.

